Fußballspielen früher in Rhede

(Orginaltext von Menne Schulte) Früher, bis nach dem ersten Weltkrieg, war als Ballsport in Rhede und wohl auch in anderen Dörfern, nur Schlagball (Ballhawen) bekannt. Schlagball war ein beliebtes Spiel bei der Jugend in den einzelnen Ortsbezirken (Südende, Ämsenenne usw.) und wurde in der Hauptsache auf den Dorfstraßen ausgetragen. Besondere Plätze standen dafür nicht zur Verfügung. Bei den damaligen Verkehrsverhätnissen waren keine Behinderungen zu erwarten.

Vom Fußball hörten die Rheder Jugendlichen erst nach dem ersten Weltkrieg. Der Besitz eines Fußballs war ein kau zu erfüllender Wunsch. Viele Jungen versuchten durch Sammeln von „Sonnentau“ und Fangen von Maulwürfen zu etwas Geld zu kommen, um einen Fußball kaufen zu können, was fast immer ein vergebliches Bemühen war. Den ersten Fußball in Rhede hatte Heinrich Heyers. Das Spielen damit erfolgte zunächst natürlich ohne System und Regeln. Diese waren nicht bekannt. Die ersten Kenntnisse darüber vermittelten einige Zollbeamte (Hondorff, Ölers u,a.).  Während bis dahin Straßen und Hofplätze zum „Bolzen“ nur dem Ball gereicht hatten, mußte nun ein geeigneter Platz dafür gefunden werden. Ohne lange Verhandlungen wurde ein Stück Gemeindewiese jenseits der Ems dazu ausgesucht. Als Tore dienten je zwei Kieferstämme (unbearbeitet), die oben (jetzige Querlatte) mit einem Stück verrosteten Zaundraht verbunden waren. Den Draht hatte man von den benachbarten Weidezäunen besorgt.

Nach und nach begriff man den Sinn des Spielen,den Ball zum gegnerischen Tor zu schaffen und Tore zu schießen. Die Aufgaben der einzelnen Spieler (Torwart, Verteidiger, Läufer und Stürmer) waren nun bekannt, so daß sich bald ein ziemlich geortneter Spielbetrieb entwickeln konnte, ohne allerdings feste Spielregeln peinlichst zu beachten.

Entsprechende einheitliche Sportbekleidung gab es natürlich nicht. Einer spielte in Stiefelhosen (Breecheshosen) mit langen Stiefeln, der andere hatte lange Hosen und Arbeitsschuhe an. Die meisten spielten in „Sonntagshosen- und stiefeln. Die Jacken wurden allerdings ausgezogen. Man spielte im Oberhemd oder Busrümken.

Als Spieler der „ersten Stunde sind mir noch in Erinnerung: Heinrich Heyers, Heinrich Schulte, Gerhard Prangen, Theodor Mülder (Götte Derk), Nikolaus Klasen (Hennums Klaos), Neurhede.  Einen vereins- mäßigen Zusammenschluß gab es noch nicht. Die Gründung eines Vereins erfolgte erst, nachdem sich Lehrer der Rheder Volksschule für einen geordneten Spielbetrieb beim Fußball einsetzten. Besonders ist hier Josef Suerbaum zu nennen, der viele Jahre das Herz des Vereins gewesen ist. Mehrere Lehrer waren auch als Spieler aktiv, so u.a. Finke aus Borsum (Verteidiger), Czerlitzka aus Brual (Linksaußen).

Der Verein schloß sich nun auch der überörtlichen Organisation der „Deutschen Jugendkraft“ an. Mit mehreren Mannschaften beteiligte sich der Fußballclub „Spiel und Sport“ Rhede an Punkt- und Freundschaftsspielen.

Die Spieler hatten nun auch eine zünftige einheitliche Sportbekleidung in den Vereinsfarben Schwarz und Weiß. Die Hose war weiß, daß Triko schwarz mit weißem Kragen und weißen Bündchen an den langen Ärmeln. Die Hose reichte bis zum Knie und Stutzen von den Schuhen bis zum Knie, so daß nichts von den nackten Männerbeinen zu sehen war. Auch die Arme waren von den langen Ärmeln des Trikots ganz verdeckt. Die Sportkleidung mußte von den Spielern selbst beschafft und bezahlt werden. Daher haperte es besonders bei den Schuhen oft in erheblichem Maße.

Trotzdem erregte dieser Sportdress in der ersten Zeit Anstoß. Es ist vorgekommen, daß die Lehrerinnen der Rheder Volksschule Mädchen, die sich am Spielrand das Fußballspiel ansahen, zum Fortgehen veranlaß-ten, da sich „Sowas“ für junge Mädchen nicht geziemte.

Da ein Teil der Gemeindeweide durch das Fußballspielen sozusagen zweckentfremdet war, stellte die Gemeinde dem jungen Verein ein Gelände im Südfelde zur Verfügung, das mit Bäumen und Gestrüpp bedeckt war. In Eigenarbeit der Vereinsmitglieder wurde der Platz gerodet und notdürftig hergerichtet. Der Sandplatz wies aber an vielen Stellen noch Wurzelstöcke und Überreste an Sträuchern aus, so daß er nur notdürftig zu bespielen war. Nach langen Bemühungen wurde dann ein Platz an der Zollstraße (jetziger Kindergarten) bereitgestellt, der zwar eine Rasendecke hatte, aber sehr uneben und auch etwas zu klein war. Er war so holperig, daß er heute auf gar keinen Fall zugelassen würde. Die Außenlinien waren nicht etwa mit Sägemehl oder Kalk gekennzeichnet,  nein, eine etwa 10 cm tiefe und ebenso breite Furche stellte die Grenze dar. Wenn in der neben dem Platz stehenden (damals) Schützenhalle Schützenfest gefeiert worden war, waren Teile des Platzes mit Scherben übersät. Alle konnte man sie gar nicht einsammeln. Trotz dieser nach heutigen Begriffen katastrophalen Verhältnissen habe ich nie etwas von schweren Verletzungen gehört.

Die Tore bestanden auch noch, in der ersten Zeit eines geordneten Spielbetriebes, aus zwei in die Erde gesetzten senkrechten  Pfählen mit einem Querbalken. Ein Netz gab es noch nicht, so daß oft schwer zu entscheiden war, ob der Ball nun innerhalb des Pfostens vorbei gerollt war. War´s ein Tor oder nicht? Später wurde dann ein fester Kasten um das Tor gezogen, bestehend aus dicken Balken mit Maschendraht bespannt. Für den Torwart nicht ungefährlich.

.Alles Dinge, die heute kaum noch vorstellbar sind. Auch, daß die Spieler zu den auswärtigen Spielen, etwa nach Lathen, Papenburg-Obenende und sogar nach Sögel, mit dem Fahrrad anreisten, kann man heute kaum noch glauben. Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre gab es schon einen großen Fortschritt, als zu den entferntesten Spielorten der Gemüselaster von Smid aus Bellingwolde eingesetzt wurde.

Die Platzverhältnisse verbesserten sich entscheidend, als nach 1933 im „Westeresch“ ein vorbildlicher Sportplatz angelegt wurde. Wegen der Lage wurden erhebliche Bedenken geäußert, da wertvolles Ackerland verloren ging. Da aber der Platz auch für die unmittelbar angrenzende Schule genutzt werden konnte, ließen sich Bedenken zerstreuen.

Seit einigen Jahren verfügt die Gemeinde Rhede nun über eine vorbildliche Sportanlage auf dem alten „Timphauk“. Der Platz auf dem Westeresch war für die Schule erforderlich.

Menne Schulte   *  1909     +  1991

Alte Wege bei Rhede (Ems)

von Dr. Jonas

Die Bedeutung des Dorfes Rhede liegt in seiner Lage am schiffbaren Laufe der Ems und zwar an einer wichtigen Übergangsstelle derselben, welche die Gebiete des heutigen Nordosthollands mit dem Lande östlich der Ems verbindet und die bereits die Römer bei ihren Kriegszügen in Germanien benutzten. Rhede liegt ferner unmittelbar an der wichtigen Stammesgrenze der Sachsen und Friesen und war im Mittelalter einer der wichtigsten Märkte für den Austauschverkehr zwischen diesen beiden Stämmen.
Die geographisch außerordenlich günstige Lage auf einem schmalen und hohen Sandrücken am Ufer der Ems veranlaßte schon früh, Siedler sich hier niederzulassen. Bot doch der breite Bogen der Ems im Norden und das weite sumpfige Flachmoor des Flaars im Süden, voll- ständigen Schutz gegen feindliche Überfälle. Fruchtbarer Acker- boden, dazu der Reichtum der Umgebung an Gewässern, Wiesen und Mooren bildeten auf der anderen Seite den Anreiz für Siedler, die schon seit der Mittelsteinzeit hier ununterbrochen nachgewiesen werden konnten.
Mehrere alte Handels- und Verkehrslinien berühren sich in Rhede.

Da ist zunächst „Die hillge Laan“ (der heilige Weg) eine Ost-West- Verbindung. Sie führt vom Westausgange des Dorfes zum Rheder Feld, wo sie den „Osseweg“ kreuzt, über das Rheder Hochmoor nach Alt-Bellingwolde jenseits der Grenze. Der Weg führt über die Katten- tange und weiter über die Verlängerung dieses Sandrückens, der sich unter dem Hochmoor befindet. Er konnte also nur benutzt werden, als der Sandrücken noch nicht vermoort war. Die Moordecke in diesem Hochmoorteil besteht aus jüngerem Weißtorf und ist in den Jahrhunderten nach Christus aufgewachsen. Bis zu diesem Datum war also der Weg benutzbar. Seit dem ersten Jahrhundert nach Christus fiel er der Vermoorung anheim, wenn man auch noch zuerst sich durch Auflegen von Knüppeln und Buschenholz behalf.
Dieser Moorweg fällt wie ähnliche Wege in Ost-West-Richtung der weiter südliche gelegenen alten Emsdörfer in die ingwäonische, erste große Siedlungsperiode der Landschaft. Bei Sustrum wurde ein Teilstück eines Ost-West-Bohlenweges untersucht, der um 400 n.d.Ztw. aufgegeben werden mußte. Diese Wege zeigen die enge Verbindung der heute durch Moor und Grenzen getrennten Länder in der Vorzeit an. Dasselbe lehren die Funde der Urnen jener Periode. Im Mittelalter wurde die „Hillge Laan“ vorübergehend als Fußpfad wieder benutzt.

Die zweite Weganlage ist noch gegenwärtig in Resten vorhanden. Es ist der „Osseweg“ (Asenweg ?). Die erhaltenen Reststücke der Wege
zeigen uns eine breite Weganlage, welche durch einsame Heiden und an Mooren vorbei vom Norden zum Süden führt. Von Oldersum, das ursprünglich am linken Ufer der Ems lag, verläuft der Weg über das alte Bentmarshammark (heute „Böhmerwold“), Möhlenwarft und Brual nach Rhede, umgeht dann in weiten Bogen das Flaargebiet und führt über Bourtange zur holländischen Provinz Drente. Im heutigen Neu- Rhede zweigt von diesem alten Heerweg eine Seitenstrecke ab, welche wieder zur Ems zurückführt. Auf diesem Heerwege zogen die römischen Heere landeinwärts von Emden aus, wo sie die Schiffe verließen. Der Weg war infolgedessen durch befestigte Stützpunkte gesichert. Solche befanden sich bei Walchum (die Silbe „Walch“ oder „Welsch“ ist die germanische Bezeichnung für Römer) und bei Eppingawehr im Rheiderlande, wo eine römische Siedlung aus der Zeitwende ausgegraben wurde.
In den Kriegszügen der Römer war der Osseweg die Hauptnachfuhr- straße, nur ein kleiner Teil der Truppen wurde auf der Ems, die viele Untiefen besaß, befördert.
So wurde auf einem Kriegszuge des Germanikus im Jahre 16 ein Teil der Truppen auf der Ems mit Schiffen bis nach Düthe, einer Ort- schaft in der Nähe von Lathen befördert, wo sie sich mit den Land- truppen, die den Osseweg genommen hatten, vereinigten.
Der Osseweg führt wie der alte Barenbergweg über die höchste Sandtange im System der ehemaligen Flußufer und dürfte dement- sprechend ebenso alt sein wie der rechtsemsische Wanderweg, der schon in der Mittelsteinzeit von auswandernden Stämmen des Küstenvolkes wiederholt benutzt wurde. Die Folgen dieser alten Wegnutzungen waren Dünenbildungen an seinen Rändern, die am Barenberge zuerst untersucht wurden und eine genaue Datierung des alten Weges ermöglichten.
Der Osseweg dürfte auch während der Bronzezeit eine bedeutende
Rolle gespielt haben und seine Bezeichnung kann auf diese Periode zurückgeführt werden.

Der dritte alte Weg ist der „Marschweg“, der in den mittelalterlichen Akten wiederholt genannt worden ist. Vogler teilt uns folgendes mit:

„Das Weideland der „Marsch“ gab dieser mittelalterlichen Verbindung den Namen. Eingekeilt zwischen dem Emslauf der Neuzeit und dem Tochtenlauf, geschnitten von vielen ehemaligen Emsarmen, die in den Jahrhunderten immer wieder eine Verlagerung des Weges durch die Marsch erzwangen, sehen wir hier eine weitere Nord-Süd-Verbindung im Zuge der Strecke Emsland-Friesland, die im Gegensatze zu dem Osseweg durchweg in der Niederung verlief.“
(Alte Wege des Dällandes, Emsländische Volksblätter,1938,Nr.202)
Der „Marschweg“ stellt also ein Gegenstück zu dem auf dem rechten Ufer der Ems verlaufenden alten Lüdewege, der seit dem8. Jahrhun- dert in Nutzung war und wiederholt besandet wurde.
Die beiden Niederungswege fallen nach den neueren Untersuchungen mit einer Kulturperiode zusammen, welche in den Hammrichen und Flachmooren an der Unterems eine Vorübergehende Ausbreitung der Ackerkulturen (mit Roggen und Hafer) mit sich brachte. Der Höhe- punkt dieser Kultur, dessen Spuren noch gegenwärtig überall in den Hammrichen an der Unterems zu sehen sind, entsprach einer Zeit größter Landverluste an den Küsten. In dieser Zeit (1200-1450) ist auch in den alten Dörfern ein Kulturanstieg nachgewiesen, welcher ebenfalls auf die vom Norden herzugewanderte Bevölkerung zurück zu führen ist.
Die Schicksale der drei alten Wege bei Rhede begleiten die Entwick- lung des Dorfes von seinen Uranfängen bis zur Gegenwart und die beiden ältesten Wege sind von dem Mytos der Vergangenheit bereits umfangen.

(Quelle: Ortschronik der Gemeinde Rhede, 1966 von Hans Wessels)